Gewürze aus aller Welt

Vom religiösen Zubehör zur Edeldelikatesse

Die ersten dokumentierten Beweise von der bewussten Verwendung verschiedener Gewürze durch den Menschen liegen einige tausend Jahre zurück. Aber nicht der geschmacklichen Verfeinerung von Speisen dienten Gewürze 4000 B.C. im vordynastischen Ägypten, sondern dem religiösen schwängern der Luft mit geheimnisvollen Gerüchen durch verbrennen. Andere bereiteten aus Gewürzen wohlriechende Pasten für den dermatologischen Gebrauch - die ersten Hautcremes oder Parfüms waren erfunden. Ein wenig später, rund 2000 B.C., hantierten die Chinesen mit allerlei Gewürzen, für medizinische Zwecke.

Richtig Leben kommt in die Geschichte der Gewürze mit den Arabern, die damit eifrig Handel betrieben und sich dabei die wortwörtlich goldene Nase verdienten. Die bekannte Erzählung, dass manche Gewürze in Gold aufgewogen wurden, ist keine Übertreibung. Zu dieser Zeit, wir schreiben rund 1100 A.D., waren die Kreuzzüge das nächste Großevent, auf den alle gewartet haben. Durch den regen Fernverkehr von Rittern und Gesinde zwischen Europa und dem Orient kamen erstmals größere Gewürzmengen zu uns. Entlang dieser, doch etwas blutigen Achse, entwickelten sich Handelsstädte wie Venedig oder Genua zu ihrer Blüte und verdanken viel ihrer Macht dem Gewürzhandel. Denn trotz der besseren Versorgungslage mit Pfeffer, Muskat und Co. waren Handelsspannen von 100% und mehr üblich - diese Italiener.

 

Gewürzkaravane Kamel

Von Krieg bis Frieden

Die Ehre, das eingefahrene Handelssystem ordentlich zu untergraben fiel dann einem Portugiesen zu. Mit dem geheimen, aber ausdrücklichen Auftrag einen Seeweg nach Indien zu finden stach Bartolomeu Diaz in See - und fand zumindest einmal rund um das Kap der guten Hoffnung. Mit dieser Tat, die Von Vasco Da Gama ein paar Jahre später vollendet wurde, stürzten die Portugiesen die Venezianer vom Gewürzhandelsthron. Natürlich schlug sich der günstigere Seetransport auf die Preise nieder, der portugiesische Pfeffer kostete nur noch rund ein Fünftel des venezianischen. 

In der Folge reißen die Kolonialmächte die Geschichte der Gewürze an sich. Endlose Kleinkriege zwischen Engländern, Holländern, Portugiesen und Spaniern, vor allem um die Molukken, Teile Indiens oder Madagaskar langweilten die damalige Presseberichterstattung. In der holländischen Ära gab es einen Kaufmann mit Namen Jacob van Neck, der den Banda-Inseln ihren Namen gab. Er nahm von dort Muskatnüsse mit und verkaufte sie mit einem Aufschlag von 32.000% in Europa. In der holländischen Geschichte weniger populär: Die Einwohner der Banda-Inseln wurden in dieser Zeit beinahe ausgerottet.

Besonders hinterhältig trieben es die Franzosen, die es zuwege brachten, Muskatbäumchen von den holländisch besetzten und streng bewachten Molukken zu „fladern" und kurzerhand in einer eigenen Kolonie anzupflanzen. Verantwortlich dafür war ein Herr Namens Pierre Poivre, dessen Name zu Deutsch ironischer Weise Peter Pfeffer bedeutet. Das war's mit dem Muskatmonopol der Holländer. Die restliche Handelsgeschichte der Gewürze ist bis heute nur noch mäßig aufregend und wenig blutrünstig.

Mit der Verwendung der duftenden Pflanzen wurde es aber erst richtig spannend. Es gab viele Theorien, warum Gewürze im Mittelalter derart inflationäre Anwendung fanden. Verlängerung der Haltbarkeit, geschmackliches überdecken verdorbener Lebensmittel, Erhaltung der Würzkraft bei langen Transporten. Der Wahrheit dürfte vielmehr entsprechen, dass Gewürze aus schlichter Angeberei in großen Mengen verwendet wurden. Denn - Gewürze konnten sich nur wohlhabende Menschen leisten und für jene war es alles andere als schwierig auch an Frischfleisch heranzukommen. Damit ist die Haltbarkeitstheorie widerlegt. Also übernahmen die kostbaren Gewürze jene Rolle, die heute von teuren Autos gespielt wird. Sie waren Statussymbol. Eines wissen wir noch: abgesehen von ein paar dekadenten Fürsten waren schwer überwürzte Speisen nicht unbedingt jedermanns Sache. Ein Sprichwort erinnert uns daran: mit dem Ausdruck „da liegt der Hase im Pfeffer" beschreiben wir noch heute ein schwer, bis nicht lösbares Problem. Damals galt der Spruch dem vergeblichen Versuch ein in Gewürzen ertränktes Stück Fleisch von ebendiesen zu befreien und wieder genießbar zu machen. Was zu viel ist, ist eben zu viel.

Von der Fülle und Qualität, die wir heute zur Verfügung haben, konnten die Chefköche von damals freilich nur träumen. Heute werden Gewürze höchster Qualität und Reinheit mit ausgesuchten Lebensmitteln zu neuen Edeldelikatessen kombiniert und eröffnen dem feinen Gaumen völlig neue Geschmackserfahrungen. Seltener roter Pfeffer mit wertvollem Rohschinken, exquisite frische Vanille mit handgemachter Pasta oder edler Chili mit Premiumschokoladen - alles ist erlaubt und die einzige Grenze ist der persönliche Geschmack.